Trümmermenschen gesucht (m, w, d)
Ein Weckruf
ausgewählte Gedichte
1.3.2024
Ein Artikel von Roberto De Lapuente mit der Überschrift „Trümmermenschen gesucht (m, w, d)“ wurde am 29.2.2024 veröffentlicht. Daraus möchte ich zwei Stellen hervorheben:
„Wer heute behauptet, die Welt bewege sich auf einen Abgrund zu, der lügt – oder ist blind. Sie hängt kopfüber eines solchen. Was fehlt, scheint ein letzter Schubs zu sein. Aber Schubsende gibt es gerade genug.“
„Aber warum sollte man Leute, die einer Eskalation des Kriegsgeschehen das Wort reden, die einen Angriffskrieg wider die Worte des Grundgesetzes fordern, die potenziellen Folgen ihrer Forderungen vorbehalten? Wer in Kauf nimmt, dass ein lokaler Krieg, der als Stellvertreterkrieg stattfindet, sich ins Kontinentale aufschwingt, sollte doch etwas über die Folgen zu sagen wissen. Ja, man sollte diese Leute ständig damit konfrontieren. Danach ist es zu spät. Sind zu viele tot. Vielleicht sogar die, die heute frohen Mutes Russland angreifen würden.“
Dieser Artikel hat mich veranlasst, einige meiner Gedichte zusammenzustellen. Vielleicht kann ich so ein paar Herzen berühren, die wiederum andere Herzen berühren. Denn Glück gedeiht gemeinsam.
֎֎֎
(21.1.2022)
Unter einem losen
grob gewebten Netz
schienen kleine, bunte Vögel
begraben zu sein
Als sie begannen
abgestimmt mit den Flügeln zu schlagen
verflog das Netz
wie ein Hauch
֎
(31.3.2011)
Merke dir den Geruch der Hyazinthen
wenn die Frühlingsbrise sie streichelt
denn bald werden beladene Bombenbringer
bar jeder Barmherzigkeit
im Namen der Menschlichkeit
einen verpesteten Teppich der Verwüstung ausrollen
Merke dir den Gesang der Sperlinge
unter dem meeresblauen Sternenzelt
denn bald wird
das Geheul der Gräueltaten
prahlender, protziger Panzer gellen
Merke dir die morgendlichen Tauperlen
auf der seidenen Haut der Spinnenbauten
denn bald werden Söldner und Soldaten
hochgerüstet und aufgetakelt wie Monster
alles, was nach Leben schreit, niedertrampeln
Merke dir die Lichtspiele beim Sonnengang
wenn die Nacht und der Tag sich begrüßen
denn bald werden bleierne Wolken
den Horizont für eine Ewigkeit verdunkeln
Merke dir den aufrechten Gang der Menschen
verzaubert durch die Sehnsucht nach Gerechtigkeit
denn bald werden zahlreiche Dichter und Denker
sich als heilige Krieger huldigend
die Vernunft, den Mut und die Liebe
verraten, verjagen, vergraben
֎
(3.2.2023)
Manchmal ist es überlebenswichtig
ein klares Zeichen zu setzen
auch wenn es so klein erscheint
wie ein Sternchen am Himmelszelt
Manchmal ist es überlebenswichtig
ein aufklärendes Lied zu singen
auch wenn die Kehle so klein erscheint
wie die der Kolibris
Manchmal ist es überlebenswichtig
gemeinsam gütig aufzustehen
und die wunderbaren Potenziale zu würdigen
die in den Menschen schlummern
֎
(29.8.2018)
Am helllichten Tag
erscheinen mir greifbar nah
mögliche Zukunftsbilder
Die Zeichen der tragischen Zeit
können kaum noch klarer sein
Bequemlichkeit und Feigheit
sind weitverbreitet, bestechend, betäubend
Wenn demnächst Illusionen
geräuschvoll zerfallen
in bohrende, brennende, beißende Scherben
und die angebliche Ahnungslosigkeit
ernüchternd verfliegt
werden wieder elend
Dörfer und Städte
in Schutt und Asche liegen
überzogen von dunklen Wolken
Am helllichten Tag
spreche ich vom Licht
von Verantwortung fürs Dasein
֎
(6.2.2024)
Nicht müde werden
und sich weiterhin wehren
gegen die Verlogenheit der Machthaber
gegen ihre willfährigen Handlanger
Wie die Gezeiten beharrlich
die Gegebenheiten neugestalten
Nicht müde werden
bei der Nachahmung
des Lebendigen
angesichts der sich abwechselnden Jahreszeiten
֎
(11.7.2020)
Du! Unsichtbares Samenkorn
und doch für mich spürbar
wie mein eigener Atem
Steh auf aus dem winterlichen Schlaf
Steh auf
Schau! Mit jedem Teil meines Herzens
habe ich dich tagein, tagaus
mit Sonnenschein ernährt
Feindseligkeiten und Hohn trotzend
voller Liebe und Leidenschaft
habe ich dich vor den Böswilligen behütet
Steh auf aus dem winterlichen Schlaf
Steh auf
In meiner Brust gab es manchmal
nur Asche und Glut, und doch
habe ich für dich stets beharrlich
ein würdiges Feuer entfacht
Steh auf aus dem winterlichen Schlaf
Steh auf
֎
(9.2.2024)
Dieser klägliche Kahn ist erbärmlicher
als einer ohne jeglichen Steuermann
Bei dem letzteren bestünde
eine auch wenn geringe Chance
bei günstigem Wind
mit viel Glück
doch einen sicheren Hafen zu erreichen
Bei diesem beklagenswerten Kahn
hat allerdings der käufliche Steuermann
bewusst, bestrebt, bösartig
Gewässer größter Verelendung als Ziel
֎
(9.1.2023)
Du lieblicher Stern!
Beleuchte mir augenblicklich
nicht meine dunklen Seiten
und die meiner Artgenossen
Diese kenne ich allzu gut
Nimm mich auf deiner Reise mit
zu den warmen Lichthainen
wo offenherzige Wesen lichterloh
einen andersartigen Morgen vorbereiten
So kann ich dankend Kraft schöpfen
zum das Leben ehrenden Schöpfen
in der mir noch verbleibenden Zeit
֎
(17.7.2020)
Komm! Lass uns das Leben ehren
wenn Hagelsturm und Wellen drohen
Im seichten Gewässer
fern jeder Gefahr
preisen viele prahlend
Nächstenliebe und hehre Werte
Komm! Lass uns jetzt das Leben ehren
da Hagelsturm und Wellen drohen
֎
(15.12.2022)
Solltet ihr einst fragen
wie euer Großvater es erreichte
mit seiner Meinung in absoluter Minderheit zu sein
und trotzdem zuversichtlich aufrecht zu gehen
so bedenkt die vielfältig vermittelten Botschaften
dieser wunderbaren uralten Erde
Mit allen Sinnen wahrnehmbare Botschaften
manchmal mit Vogel-Gesängen überbracht
manchmal mit Schnee-Tünche gemalt
manchmal mit Krokus-Küssen ausgesprochen
manchmal in Symbol-Kleidern dargeboten
als Spinnweben vor verschlossenen Türen
Diese bildhaften Botschaften
waren meine klärenden Kraftquellen
֎
(30.1.2022)
Bei befüllten Futterhäuschen
kommen sie angeflogen
Haussperlinge, Kohlmeisen, Amsel
Ein Kleiber ist unter ihnen
und auch ein Dompfaff
Sie begreifen meine Bedrängnis
spenden mir Trost und Zuversicht
Dann rufen sie erfrischend:
Auch wenn du glaubst
wie ein kleiner Vogel zu sein
sing dein Lied für die Freiheit
Die Magnolie im Garten
hat längst geduldig
die Fahne des Frühlings gehisst
Geschmeidig stehen Schneeglöckchen Spalier
Und ich singe abermals
von bunten Träumen getragen
die Kehle der Sperlinge vor den Augen
voller Inbrunst
mein Lied der Freiheit
֎
(6.11.2011)
Die Rüstungsindustrie entfachte das Morden professionell,
die Völker zahlten die Zeche.
Der UN-Sicherheitsrat begründete das Morden parteiisch,
die Völker zahlten die Zeche.
Parlamentarier rechtfertigten das Morden solidarisch,
die Völker zahlten die Zeche.
Politiker ermöglichten das Morden pragmatisch,
die Völker zahlten die Zeche.
Massenmedien machten das Morden hoffähig,
die Völker zahlten die Zeche.
Geisteswissenschaftler beflügelten das Morden analytisch,
die Völker zahlten die Zeche.
Juristen behandelten das Morden wortklauberisch,
die Völker zahlten die Zeche.
Friedensforscher erklärten das Morden auftragsmäßig,
die Völker zahlten die Zeche.
Journalisten berichteten über das Morden eingebettet,
die Völker zahlten die Zeche.
Hilfsorganisationen beschäftigten sich mit dem Morden zivil-militärisch,
die Völker zahlten die Zeche.
Soldaten vollstreckten das Morden befehlsmäßig,
die Völker zahlten die Zeche.
Uniformierte und zivile Söldner erledigten das Morden präzise,
die Völker zahlten die Zeche.
Menschen wie du und ich entledigten sich des Mordens ignorierend
und sie zahlten doch die Zeche.
֎
(15.5.2021)
Ihr Großbanditen unserer Zeit!
Zu euch spreche ich
Ihr könnt Gesetze beschließen
verordnen, erklären
dass Lieben und Geliebt-Werden verboten ist
dass ab sofort die Erde eine Scheibe ist
dass die Sonne sich um die Erde dreht
und vieles mehr
Das Licht
könnt ihr jedoch nicht einsperren
Meinen Lebenswillen
meine Lebensfreude
könnt ihr jedoch nicht brechen
Im Lichte der vielfältigen Einheit
bin ich mit dem Universum verbunden
֎
(17.7.2023)
Weiße Wolken bilden bewegte Bilder
regen meine Fantasie erfrischend an
betonen die Vergänglichkeit des Lebens
Die Augen schließe ich sanft
denke nach
über die bedrückenden
und gleichzeitig beflügelnden
gegenwärtigen Gegebenheiten
über ihre Entstehungsgeschichte und Folgen
Helle Träume
länger in mir geborgen verborgen
treten fröhlich wie freche Vögel auf
breiten sich fortan aus
wie tanzende Wellen im leuchtenden Wasser
Es wird Zeit
mit aufmerksamen Augen aufzustehen
um die verfeinerten Visionen
freudestrahlend zu verwirklichen
֎
(31.7.2020)
Es ist eine durchaus lehrreiche Zeit
Wie die massive Überflutung eines Ameisenbaus
wütet die planmäßig geschürte, tiefgreifende Angst
in unserer zutiefst kranken Gesellschaft
So verfällt schmerzhaft mancher Zeitgenosse
geistig in eine erregte Lähmung
beschäftigt sich getrieben
mit dem vergrößerten Ausschnitt der Gegebenheiten
und vergisst dabei sträflich
die besonnene Betrachtung des ganzen Geschehens
Gerade deshalb rede ich beharrlich
von den grundlegenden Ursachen der jetzigen Schieflage
die viele Denker nicht anpacken möchten
aufgrund ihrer Vorgeschichte
aus trügerischer Bequemlichkeit
oder aus Macht- und Geldgier
Mit Liebe, Freude und Leidenschaft
spreche ich von der Sehnsucht nach Wärme und Nähe
und von dem schöpferischen Licht
das in jedem Lebewesen fließt
֎
(17.7.2020)
Die beste Medizin
gegen das gegenwärtige System
und seine giftigen Auswüchse
ist die Wärme miteinander verbundener Herzen
Tausend trächtige Sonnen
trägst du in deiner Brust
zum Entfachen der Lebensfreude
für Bekannte und Unbekannte
֎
(11.1.2021)
Es gibt häufig helle und dunkle Zeiten
lasst euch von ihrem Wechsel nicht verleiten
Immer wenn die Kräfte des Tages versiegen
werden Lichtschmetterlinge in Brunnen fliegen
Solche wunderbaren Brunnen sollt ihr finden
Lichter suchen und sie fröhlich verbinden
֎
(26.10.2019)
In einer Gesellschaft
in der die selbstsüchtige Sichtweise gehuldigt wird
in der der Sinn für das Gemeinsame verkümmert
in der der Blick für große Zusammenhänge dahinschwindet
werde ich immer wieder gefragt
wie ich mich beständig
mit gesellschaftlichen Belastungen beschäftigen kann
Die Antwort ist einfach und eindeutig
Ich lebe in einer Umgebung
der ich Liebeswärme schenke
die mir liebevoll lichte Geborgenheit gibt
֎
(5.4.2019)
Die verträumten Knospen
die lachenden Blüten
die tanzenden Triebe
die verspielten Frühlingsblätter
umarme ich so
wie beim Wiedersehen alter Freunde
nach längerer Abwesenheit
Keine einzige Sekunde
mitten in der klirrenden Kälte
zweifelte ich daran
von den kahlen Bäumen
wieder reichlich beschenkt zu werden
Eine gleichartige Zuversicht
ist mein Heilmittel und Herzenstrost
auf der vielgestaltigen Lebensreise
֎
(30.11.2018)
Manchen Menschen bin ich noch nicht
persönlich begegnet, und doch
beleben mich ihre Botschaften
wie die morgendlichen Sonnenstrahlen
So mache ich mein Herzens Fenster
willentlich weit auf
damit ihre Düfte betörend einströmen
Träumen wir von blühenden Landschaften
als Entwicklungsraum der Kinder
sind wir auf ein erleuchtetes Zusammenspiel
aller Lebewesen angewiesen
֎
(26.2.2024)
Angesichts der Verletzlichkeit der Zärtlichkeit
küsse ich heute die Krokusse
und bekomme die helle Kraft der Erde
֎