Ist die CIA eine Terrororganisation?
Vortrag von Dr. Daniele Ganser
Bautzen, den 29.1.2020
Veröffentlicht am 29.4.2020
Originalquelle:
https://www.youtube.com/watch?v=Sar8qphbajY
„Der Schweizer Historiker und Friedensforscher Dr. Daniele Ganser erhielt am 29. Januar 2020 den Bautzner Friedenspreis für sein Engagement für Frieden und Aufklärung. In seiner Dankesrede stellte Ganser die brisante Frage: Ist die CIA eine Terrororganisation?
Dabei stützt sich Ganser auf sein neues Buch «Imperium USA». Dort erklärt Ganser: «Weil die CIA Mordanschläge durchgeführt hat, um politische Ziele zu erreichen, unterscheidet sich der Auslandsgeheimdienst der USA nicht grundsätzlich von einer Terrororganisation wie der IRA oder der RAF, die auch Gewalt einsetzten, um politische Ziele zu erreichen» (Seite 176).
Daniele Ganser behandelt im Vortrag in Bautzen diese bekannten Mordanschläge: 1) Die Ermordung von General Kassem Soleimani im Irak am 3. Januar 2020. 2) Die Ermordung von Banker Alfred Herrhausen in Deutschland 1989. 3) Die CIA-Mordanschläge auf Präsident Fidel Castro in Kuba 1961. 4) Die Ermordung von Premierminister Patrice Lumumba im Kongo 1961. 5) Die Ermordung von Präsident Diem in Südvietnam 1963. 5) Die Ermordung von Präsident Kennedy in den USA 1963. 6) Die Ermordung von General René Schneider in Chile 1970.
Noam Chomsky bezeichnet die USA als »den führenden terroristischen Staat«. Diese Aussage ist wahr und gut fundiert. Im November 1975 publizierte der US- Senat einen 350 Seiten langen brisanten Bericht und deckte die Mordanschläge der CIA auf. Das war damals eine Sensation und ein Skandal. Der Bericht wurde von einer aus elf Senatoren bestehenden Untersuchungskommission unter dem Vorsitz des mutigen demokratischen Senators Frank Church aus Idaho verfasst. Es war die gründlichste und ehrlichste Untersuchung zum Thema Mordanschläge, die der Senat je verfasst hatte. CIA-Agenten reisten danach nach Idaho und verhinderten, dass Senator Frank Church 1980 wiedergewählt wurde.
Ganser erklärt, dass Mordanschläge ein klarer Verstoss gegen das UNO-Gewaltverbot darstellen. Denn das Gewaltverbot sagt klar und deutlich: Alle UNO-Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede Androhung oder Anwendung von Gewalt.
Daniele Ganser ruft in seinem Schlusswort dazu auf, dass das UNO-Gewaltverbot geachtet werden solle, und dass die Menschheitsfamilie nicht nach Nation, Hautfarbe oder Religion gespalten werden dürfe. Jeder solle seine eigene Achtsamkeit stärken und immer wieder digitale Timeouts in der Natur nehmen.
Daniele Ganser:
https://twitter.com/danieleganser
https://www.facebook.com/DanieleGanser
Dr. Daniele Ganser ist Schweizer Historiker und Friedensforscher. Er ist Leiter des Swiss Institute for Peace an Energy Research (SIPER).
In seiner Arbeit untersucht Daniele Ganser die Themen Frieden, Energie, Krieg, Terror und Medien aus geostrategischer Perspektive. In der Überzeugung, dass auch Wissenschaftler helfen können, einen Teil der Lügen und der Brutalität zu überwinden, die unsere Welt noch immer prägen, engagiert sich Daniele Ganser gemeinsam mit tausenden Menschen für eine Welt in Frieden und für erneuerbare Energien. Seine Forschungsschwerpunkte sind: Internationale Zeitgeschichte seit 1945, Verdeckte Kriegsführung und Geheimdienste, US-Imperialismus und Geostrategie, Energiewende und Ressourcenkriege, Globalisierung und Menschenrechte.“
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Bemerkungen
1.
Dr. Daniele Ganser gehört zu den Unterstützern der internationalen Kampagne „Hände weg vom Iran“ (Hands Off Iran). Auf der englischsprachigen Website dieser Kampagne befinden sich zahlreiche Artikel und geschichtliche Dokumente zum Thema Iran.
2.
Die Bundestagsabgeordneten Dr. Alexander S. Neu, Dr. Diether Dehm, Heike Hänsel, Andrej Hunko, Zaklin Nastic, Kathrin Vogler, Andreas Wagner und Hubertus Zdebel (Die Linke) erstatteten am 27.2.2020 eine Strafanzeige gegen Angehörige der Bundesregierung im Zusammenhang mit der Ermordung von General Soleimani am 3.1.2020 im Irak und die Rolle der US-Militärbasis Ramstein bei den Drohnenangriffen. Der Generalbundesanwalt teilte im weiteren Verlauf mit, diesbezüglich nicht zu ermitteln.
Die oben genannten Bundestagsabgeordneten erklärten hierzu:
„Jedes Jahr sterben zahllose Zivilistinnen und Zivilisten durch völkerrechtswidrige US-Drohnenangriffe, die nur über die US-Basis in Ramstein möglich sind. Die Bundesregierung toleriert und ermöglicht dieses Vorgehen und bricht damit selbst das Völkerrecht und das Grundgesetz.
Schon vor gut einem Jahr hat das Oberverwaltungsgericht Münster die Bundesregierung dazu verurteilt, sich aktiv zu vergewissern und auf die US-Regierung einzuwirken, dass die Air Base Ramstein nicht für völkerrechtswidrige Aktivitäten genutzt wird. Seither hat die Bundesregierung allerdings in der Sache nichts unternommen. Es finden nach wie vor völkerrechtswidrige Drohnenangriffe statt, deren Steuerbefehle und vermutlich auch die Auswertung über Ramstein laufen.
Aus diesem Grund hatten wir am 27. Februar Strafanzeige gegen Mitglieder der Bundesregierung erstattet, um auf deren Verantwortlichkeit hinzuweisen. Anlass war ein gut dokumentierter und eindeutig völkerrechtswidriger Drohnenangriff am 3. Januar 2020 in Bagdad, bei dem neben militärischen Führern aus dem Irak und dem Iran (was die Welt nah an einen verheerenden Krieg gebracht hatte) auch ein weiteres Mal unbeteiligte Zivilisten getötet worden sind.
Die Bundesanwaltschaft versteckt sich hinter einer für sie bequemen und verkürzten juristischen Sichtweise und schützt damit die verantwortlichen Mitglieder der Bundesregierung. Zugestanden wird von ihr, dass die Bundesregierung verfassungsrechtlich verpflichtet ist, völkerrechtswidrige Aktivitäten von deutschem Territorium aus zu verhindern. Die Bundesanwaltschaft ist aber nicht bereit, daraus den – für uns als Anzeigeerstatter*innen zwingenden – Schluss zu ziehen, dass aus der vom OVG Münster herausgearbeiteten verfassungsrechtlichen Verpflichtung auch eine höchstpersönliche Verantwortlichkeit der ressortzuständigen Mitglieder der Bundesregierung resultieren muss: Sie unterscheidet zwischen politischer und persönlicher Verantwortung. Die Bundesanwaltschaft stellt damit mehr oder weniger einen Freibrief für völkerrechtswidriges Handeln in politischen Ämtern aus.
Mit ihrer Weigerung, auch nur ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, signalisiert die dem Justizministerium unterstellte oberste Ermittlungsbehörde, dass sie die durch die Bundesregierung überhaupt erst ermöglichte Fortsetzung der weltweiten völkerrechtswidrigen US-Drohnenmorde unter Nutzung des Stützpunkts Ramstein auch weiterhin ungeprüft dulden will.
Dem völkerrechtswidrigen von Ramstein ausgehenden Drohnenmorden muss endlich ein Ende gesetzt werden. Wir werden daher alle Möglichkeiten prüfen, um auch weiterhin gegen die US-AirBase Ramstein vorzugehen und so die Einhaltung des Völker– und Verfassungsrechts durchzusetzen.“
3.
Das Buch „Imperium USA. Die skrupellose Weltmacht“ von Dr. Daniele Ganser ist im April 2020 erschienen.
4.
S. auch das Buch „Zerstörung der Hoffnung (Killing Hope): Bewaffnete Interventionen der USA und der CIA seit dem 2. Weltkrieg“ von William Blum.