Lassen Sie sich patentieren! Maria Mies, Köln 1996

Anlässlich des 85. Geburtstages von Prof. em. Maria Mies [1] und nach Rücksprache mit ihr erfolgt die Wiedergabe eines Textes, der 1996 aus Protest gegen die Patentierung des Neem-Baumes in Indien durch einen amerikanischen Wissenschaftler verfasst wurde [2-4]. Das EU-Patentamt zog im weiteren Verlauf die Anerkennung dieses Patentes zurück.

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Lassen Sie sich patentieren!

Maria Mies, Köln 1996

 

© Common Intellectual Property of People with Resistance Genes (CIPPRG)

(Zu singen auf die Melodie: Freude, schöner Götterfunken)

1.

Lassen Sie sich patentieren,

denn Sie sind ein Kapital.

Ihre Leber, Ihre Nieren,

Ihre Gene allzumal.

Lassen Sie sich patentieren,

denn es gibt Sie nur einmal.

Eh‘ die Multis Sie sezieren,

haben Sie die erste Wahl.

 

 

2.

Gene, Gene und Patente,

ja, das ist der neuste Hit.

Ja, das bringt die beste Rente.

Machen Sie beim Reibach mit.

Was da kreucht und fleucht auf Erden,

was da blüht auf dieser Welt –

alles muss zur Ware werden.

Alle Ware wird zu Geld.

 

 

3.

Merck, Monsanto, Ciba Geigy,

Hoechst und Bayer machen mit,

bei der Jagd auf die Patente,

bei dem Run auf den Profit.

Diese großen neuen Mütter

schaffen Nahrung, heilen Schmerz.

Wenn nur die Bilanzen stimmen,

brauchen sie kein Menschenherz.

 

 

4.

Dieses schöne neue Leben

bringt nicht die Natur hervor.

Kinder schaffen nicht mehr Frauen,

die entstehen im Labor.

Die Natur wird überflüssig

hier in diesem Jammertal.

Uns’re Mutter ist die Technik,

Vater ist Herr Kapital.

 

 

5.

Denn was ist denn schon ein Leben

in dem ew’gen Einerlei.

Doch Ihr Gen, das lebt ja ewig,

ist es erst vom Körper frei.

Freiheit, die das Gen bescheret,

frisch auf Ihrer Samenbank,

wo es dann den Fortschritt mehret,

sagen wir den Multis Dank.

 

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Bemerkungen

[1] https://amirmortasawi.wordpress.com/category/maria-mies/

[2] Das Krokodil, Ausgabe 0, März 2012

[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Niembaum

[4] https://www.youtube.com/watch?v=3ckzkNdOHtA