Was ist los mit Israel? Die zehn Hauptmythen des Zionismus. Von Ilan Pappé

"... Die Tatsache, dass die israelische und zionistische Version der Geschichte des umstrittenen Landes in Deutschland weitgehend akzeptiert wird, basiert auf einer ganzen Ansammlung von Mythen, die alle darin münden, das moralische Recht und das ethische Verhalten der Palästinenser ins Zwielicht zu rücken, was allerdings jede Chance auf einen zukünftigen gerechten Frieden enorm verringert. Das dies funktioniert, liegt daran, dass diese Mythen von den Massenmedien und politischen Eliten in Deutschland – wie im Westen überhaupt – als die Wahrheit akzeptiert werden. Damit dienen sie dann der Rechtfertigung des israelischen Handelns, aber noch viel mehr der Weigerung Deutschlands, sich auf sinnvolle Art in diesem Konflikt zu engagieren. Und sie erlauben der deutschen Regierung außerdem, das israelische Militär ohne große moralische Skrupel mit immer neuen Waffen und sonstigem Zubehör aufzurüsten. ..."

"... Solange diese Annahmen nicht in Frage gestellt wurden, übernahmen sie die Funktion eines Schutzschildes, hinter dem im Lande Palästina straflos eine unmenschliche Politik praktiziert werden konnte. Eine Untersuchung dieser Annahmen im Lichte neuer und neuester Forschungen zeigt, wie weit sie von der historischen Wahrheit entfernt sind – und dass und warum die Richtigstellung der geschichtlichen Tatsachen einen Einfluss auf die zukünftigen Chancen für Frieden und Versöhnung in Israel und Palästina haben kann.“

Buchempfehlung (11.11.2023):

Was ist los mit Israel?

Die zehn Hauptmythen des Zionismus

Von Ilan Pappé

Aus dem Englischen übersetzt von Michael M. Schiffmann

Dritte Auflage 2017, Cosmics Verlag, Neu Isenburg

ISBN: 978-3-9817922-6-3

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Ten Myths About Israel

By Ilan Pappé

2017, Verso Books, Brooklyn, NY

ISBN: 978-1-78663-019-0

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Ilan Pappé wurde 1954 als Sohn deutscher, aus Deutschland geflüchteter Juden in Haifa geboren. Er diente 1973 in der israelischen Armee und studierte in Jerusalem. 1984 promovierte er an der Universität Oxford. Sein 2006 veröffentlichtes Buch „Die ethnische Säuberung Palästinas“ gehört zu seinen berühmtesten Schriften. In diesem Buch warf er die Frage der ethnischen Säuberung direkt auf, so dass diese schwer zu leugnen war. Damit zog er den Zorn vieler im politischen und akademischen Establishment auf sich. Bis 2007 war er Leiter des Friedensforschungsinstitut Givat Haviva und lehrte politische Wissenschaften an der Universität Haifa. Da er darauf bestand, die Forschung über die Nakba von 1948 auszugraben und zu unterstützen, musste er diese Stellung aufgeben. Ilan Pappé lehrt aktuell am Institut für Arabische und Islamische Studien der Universität von Exeter im Vereinigten Königreich und ist dort als Direktor des Europäischen Zentrums für Palästinastudien tätig.

Im Vorwort der oben genannten deutschen Fassung seiner Ausführungen über die zehn Hautmythen des Zionismus schreibt er:

„Jeder Versuch zur Lösung eines Konfliktes muss sich zu allererst mit dessen Kern auseinandersetzen und dieser Kern findet sich meistens in seiner Geschichte. Eine verfälschte oder manipulierte Geschichte erklärt oft gut, warum ein Konflikt nicht beendet wurde, während eine wahrhaftige, umfassende Betrachtung der Vergangenheit zu einem dauerhaften Frieden und einer bleibenden Lösung beitragen kann. Wie die Untersuchung des Falls Israel/Palästina zeigt, kann eine falsch verstandene Geschichte der jüngeren oder ferneren Vergangenheit sogar noch direkteren Schaden anrichten: Sie kann die Unterdrückung, Kolonisierung und Besatzung von heute rechtfertigen. Es überrascht nicht, dass in solchen Fällen auch die Gegenwart verfälscht wird, ist sie doch Teil der Geschichte, deren Vergangenheit bereits entstellt wurde. Diese Täuschungen über Vergangenheit und Gegenwart verhindern das Verständnis des fraglichen Konfliktes, erlauben eine Manipulation der Fakten und richten sich gegen die Interessen all jener, die Opfer des Konfliktes sind.

Die Tatsache, dass die israelische und zionistische Version der Geschichte des umstrittenen Landes in Deutschland weitgehend akzeptiert wird, basiert auf einer ganzen Ansammlung von Mythen, die alle darin münden, das moralische Recht und das ethische Verhalten der Palästinenser ins Zwielicht zu rücken, was allerdings jede Chance auf einen zukünftigen gerechten Frieden enorm verringert. Das dies funktioniert, liegt daran, dass diese Mythen von den Massenmedien und politischen Eliten in Deutschland – wie im Westen überhaupt – als die Wahrheit akzeptiert werden. Damit dienen sie dann der Rechtfertigung des israelischen Handelns, aber noch viel mehr der Weigerung Deutschlands, sich auf sinnvolle Art in diesem Konflikt zu engagieren. Und sie erlauben der deutschen Regierung außerdem, das israelische Militär ohne große moralische Skrupel mit immer neuen Waffen und sonstigem Zubehör aufzurüsten.

Das vorliegende Buch zerlegt seine im Titel gestellte Frage – Was ist los mit Israel? – in die Untersuchung einer Reihe grundsätzlicher Annahmen, die unter anderem in der deutschen Öffentlichkeit weit verbreitet sind. Diese Annahmen stellen in meinen Augen Mythen dar, die durch einen gründlichen Blick auf die Realität widerlegt werden können. Diese Gegenüberstellung weiterhin akzeptierter Mythen und der historischen Realität vor Ort bildet den roten Faden dieses Buches. Jedes der Kapitel des Buches behandelt eine dieser Annahmen und untersucht, inwieweit sie der Forschung und der historischen Wahrheit standhalten.

Es ist meine Hoffnung, damit zur Aufklärung des vorherrschenden, grundlegend falschen Verständnisses der vergangenen und gegenwärtigen Probleme in Israel und Palästina beizutragen. Solange diese Annahmen nicht in Frage gestellt wurden, übernahmen sie die Funktion eines Schutzschildes, hinter dem im Lande Palästina straflos eine unmenschliche Politik praktiziert werden konnte. Eine Untersuchung dieser Annahmen im Lichte neuer und neuester Forschungen zeigt, wie weit sie von der historischen Wahrheit entfernt sind – und dass und warum die Richtigstellung der geschichtlichen Tatsachen einen Einfluss auf die zukünftigen Chancen für Frieden und Versöhnung in Israel und Palästina haben kann.“

Die folgenden zehn Hauptmythen werden ausführlich beleuchtet:

  1. Palästina war ein menschenleeres Land
  2. Die Juden waren ein Volk ohne Land
  3. Zionismus und Judentum sind dasselbe
  4. Zionismus und Kolonialismus sind zweierlei
  5. Die Palästinenser verließen ihre Heimat 1948 freiwillig
  6. Im Junikrieg 1967 hatte Israel „keine Wahl“
  7. Israel ist die einzige Demokratie im Nahen Osten
  8. Die Mythen um Oslo
  9. Die Gaza-Mythologien
  10. Die Zweistaatenlösung ist der einzige Weg nach vorn

Im Unterschied zu der englischen Version ist die oben genannte deutsche Fassung derzeit schwer zu erwerben. Bei der englischen Version handelt es sich um ein im Vergleich zu anderen Geschichtsbüchern kleines Buch (146 Seiten Haupttext, 5 Seiten Zeittabelle, 12 Seiten Anmerkungen und Quellenangaben sowie 5 Seiten Index), das durch seine klare, verständliche Sprache auffällt. Gerade in der gegenwärtigen Zeit der zunehmenden Einschränkung der Meinungsfreiheit in Deutschland möchte ich diese Bücher von Ilan Pappé dringend empfehlen.

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Siehe auch:

Krise des Zionismus, Chance für Palästina?

Ein Vortrag von Professor Ilan Pappé, Professor für Geschichte, Direktor des Europäischen Zentrums für Palästinastudien, Universität Exeter, UK

19.10.2023,  University of California, Berkeley, USA

https://afsaneyebahar.com/2023/10/25/20696925/

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Warum Israel den Kontext und die Geschichte des Krieges gegen Gaza auslöschen will

Von Ilan Pappé (5.11.2023)

Übersetzung von Andreas Mylaeus (6.11.2023)

https://seniora.org/politik-wirtschaft/israel/ilan-pappe-warum-israel-den-kontext-und-die-geschichte-des-krieges-gegen-gaza-ausloeschen-will

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Mahatma Gandhi, die Juden und der Zionismus

10.11.2023

https://afsaneyebahar.com/2023/11/10/20697195/

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Buchempfehlung:

Nur durch Frieden bewahren wir uns selber

Die Bergpredigt als Zeitenwende

Von Eugen Drewermann

31.10.2023

https://afsaneyebahar.com/2023/10/31/20697044/

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Report on UNCTAD’s assistance to the Palestinian people

October 25, 2023

Inflation, a shrinking fiscal space, a decline in foreign aid and the build-up of debt has kept the economy of the Occupied Palestinian Territory below its 2019 pre-pandemic level.

https://unctad.org/news/report-unctads-assistance-palestinian-people

https://unctad.org/system/files/official-document/tdbex74d2_en.pdf

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Report of the Special Rapporteur on the situation of human rights in the Palestinian territories occupied by Israel since 1967

October 2021

https://www.ohchr.org/en/documents/country-reports/a76433-report-situation-human-rights-palestinian-territories-occupied

https://documents-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/GEN/N21/299/65/PDF/N2129965.pdf?OpenElement

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Legal Consequences of the Construction of a Wall in the Occupied Palestinian Territory

(Request for advisory opinion)

Summary of the Advisory Opinion of 9 July 2004

By International Court of Justice

https://www.icj-cij.org/sites/default/files/case-related/131/1677.pdf

page No. 13

„… Given the character and the importance of the rights and obligations involved, the Court is of the view that all States are under an obligation not to recognize the illegal situation resulting from the construction of the wall in the Occupied Palestinian Territory, including in and around East Jerusalem. They are also under an obligation not to render aid or assistance in maintaining the situation created by such construction. It is also for all States, while respecting the United Nations Charter and international law, to see to it that any impediment, resulting from the construction of the wall, to the exercise by the Palestinian people of its right to self-determination is brought to an end. In addition, all the States parties to the Geneva Convention relative to the Protection of Civilian Persons in Time of War of 12 August 1949 are under an obligation, while respecting the United Nations Charter and international law, to ensure compliance by Israel with international humanitarian law as embodied in that Convention. …“

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Elimination of all forms of racial discrimination

Resolution 3379 (XXX)

The General Assembly of UN

2400th plenary meeting

November 10, 1975

The General Assembly,

Recalling its resolution 1904 (XVIII) of 20 November 1963, proclaiming the United Nations Declaration on the Elimination of All Forms of Racial Discrimination, and in particular its affirmation that „any doctrine of racial differentiation or superiority is scientifically false, morally condemnable, socially unjust and dangerous“ and its expression of alarm at „the manifestations of racial discrimination still in evidence in some areas in the world, some of which are imposed by certain Governments by means of legislative, administrative or other measures“,

Recalling also that, in its resolution 31151 G (XXVIII) of 14 December 1973, the General Assembly condemned, inter alia, the unholy alliance between South African racism and zionism,

Taking note of the Declaration of Mexico on the Equality of Women and Their Contribution to Development and Peace, 1975,4 proclaimed by the World Conference of the International Women’s Year, held at Mexico City from 19 June to 2 July 1975, which promulgated the principle that „international co-operation and peace require the achievement of national liberation and independence, the elimination of colonialism and neo-colonialism, fore~gn occupation, zionism, apartheid and racial discrimination in all its forms, as well as the recognition of the dignity of peoples and their right to self-determination“,

Taking note also of resolution 77 (XII) adopted by the Assembly of Heads of State and Government of the Organization of African Unity at its twelfth ordinary session,11 held at Kampala from 28 July to 1 August 1975, which considered „that the racist regime in occupied Palestine and the racist regimes in Zimbabwe and South Africa have a common imperialist origin, forming a whole and having the same racist structure and being organically linked in their policy aimed at repression of the dignity and integrity of the human being“,

Taking note also of the Political Declaration and Strategy to Strengthen International Peace and Security and to Intensify Solidarity and Mutual Assistance among Non-Aligned Countries,6 adopted at the Conference of Ministers for Foreign Affairs of Non-Aligned Countries held at Lima from 25 to 30 August 1975, which most severely condemned zionism as a threat to world peace and security and called upon all countries to oppose this racist and imperialist ideology,

Determines that zionism is a form of racism and racial discrimination.

Determines that zionism is a form of racism and racial discrimination.

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