Gedichte (10.3. bis 21.3.2024)

Gedichte (10.3. bis 21.3.2024)

 

Es kommt auf dich an!

(10.3.2024)

 

Mensch, der du in Deutschland lebst!

Es kommt auf dich zu!

Es kommt auf dich an!

 

Die wirtschaftliche Ruinierung

der gesellschaftliche Verfall

sind nicht zu übersehen

 

Die Botschaft ist nicht zu überhören:

Wenn der Krieg sich ausweitet

werden Ramstein-Miesenbach

Spangdahlem, Langenbruck

Baumholder, Büchel

Ansbach, Grafenwöhr

Kaiserslautern, Wiesbaden

Darmstadt, Grafenwöhr

Stuttgart, Geilenkirchen

und weitere Ortschaften

in Schutt und Asche liegen

 

Mensch, der du in Deutschland lebst!

Es kommt auf dich zu!

Es kommt auf dich an!

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Die Röte des Himmels

(16.3.2024)

 

Früh stehe ich fröhlich auf

verlasse erwartungsvoll das Haus

um mit den Vögeln zu singen

die Tauperlen auf den Blättern zu küssen

die belebende Brise zu begrüßen

und die Morgenröte zu genießen

Denn ich bin mir besonders bewusst

dass in diesen bedrückenden Zeiten

des staatlich geförderten Kriegsgeschreis

die Röte des Himmels

nicht nur von der Sonne kommen kann

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Was brauchst du noch?

(17.3.2024)

 

Was brauchst du noch

um zu begreifen

die Vergänglichkeit

die Endlichkeit

 

Was brauchst du noch

um den Mut aufzubringen

für dich

deine Kinder

und Enkelkinder

 

Was brauchst du noch

um nein zu sagen

zu den Kriegstreibern

in welchem Gewand auch immer

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Nistkasten

(17.3.2024)

 

Es regnet so schön

Die Luft trägt in sich

den Duft des frischen Frühlings

Ein Kohlmeisenpaar brütet

neues Leben

geborgen im Nistkasten

am alten Apfelbaum

Nicht nur in den Köpfen

der großen Verbrecher der Zeit

brütet das Kriegsungeheuer

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Wann wird sie überschritten?

(17.3.2024)

 

Wann wird sie überschritten

die Grenze des Erträglichen

so dass viele Menschen

den Kriegswahn endlich

aus Herzen und Köpfen vertreiben

Und was wird dann

von diesem Land

übrig geblieben sein

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Einfache Überlegungen

(17.3.2024)

 

Den kurzen Schlaf

die schlaflosen Nächte

nehme ich gerne in Kauf

Denn ich weiß

dass das Kind noch nicht

tief in den Brunnen gefallen ist

Wenn das eingetreten ist

werde ich unweigerlich

lange schlafen

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Die Hochzeit der Natur

(17.3.2024)

 

Während der Fahrt nach Fulda

frohlockte die Hochzeit der Natur

Betörend tanzten

die zarten Frühlingsblumen

nach den Melodien der Brise

In bunten Trachten rezitierten

junge und alte Bäume

ihre schönsten Liebesgedichte

Und ich dachte

in Demut mit Freude:

Gerade in diesen Tagen

muss ich meines Herzens Augen hüten

vor dem grässlichen Stumpfsinn

vor der reißenden Verrohung

vor der giftigen Verbitterung

um gütig begreifen

und anständig handeln zu können

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Sag mir

(17.3.2024)

 

Sag mir

wie weit dein Blick reicht

Sag mir

was dein Herz dir erzählt

Sag mir

was dein Verstand aushält

Denn ich möchte dich mitnehmen

auf eine rührende Reise

voll befreiender Tränen

Sag mir

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Pünktlich um 19 Uhr

(17.3.2024)

 

Wahrhaftig ist die allgemeine Betäubung

erschreckend wirksam

Die Sinne bleiben bei vielen stumm

wenn das vermeidbare Elend

sensationssüchtig

ohne Scham

zur Schau gestellt wird

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Zerreißprobe

(17.3.2024)

Fee Striefler und Wolfgang Jung gewidmet

Der Frühling spricht mit mir

wie jedes Jahr

voller Hoffnung und Freude

Im Hochbeet der gezüchteten Gleichgültigkeit

unter dem Schatten des Stumpfsinns

gedeiht allerdings grauenvoll

das Kriegsgewächs

Tausend Schmetterlinge flattern

sehsüchtig in meinem Herzen

nach einem Weg suchend

zu gemeinsamen Lichthainen

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Dem Leben treu bleiben

(17.3.2024)

Die Kraniche sind zurück

Manche Knospen sind schon aufgegangen

andere warten auf wärmere Tage

So sind meine Worte

gesättigt mit der Vielfalt der Farben

und können dem Leben

tröstend treu bleiben

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Stacheldrähte

(18.3.2024)

 

Stacheldrähte sind unterschiedlicher Natur

manchmal aus hochtrabenden Worten

manchmal aus hehren Werten

Unsere nach Geborgenheit dürstenden Herzen

werden immer wieder

von der feinsten

und gleichzeitig gefährlichsten Sorte

manchmal geräuschvoll

manchmal unauffällig

heimgesucht

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Stadt im Schlaf

(18.3.2024)

 

Es ist schon länger hell

Ich blicke durch das verschlossene Fenster

auf diese fremde Stadt

Sie ist scheinbar ohne Hast

Sie ist vordergründlich friedlich

Und doch

ein gigantischer Krieg ist im Gange

Tröstend fliegen Tauben und Möwen

über den Dächern der Stadt

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Lebensfeen

(18.3.2024)

Wolfgang Effenberger gewidmet

Aus dem Schornstein steigt empor

spielerisch der weiße Stoff der Träume

Die flüchtigen Gestalten

sprechen voller Fantasie

alle meiner Sinne an

verlassen mich dann geschwind

Der Wind hat es eilig

Eine Taube versucht

in ihrem Gedächtnis

die Botschaft des Schornsteins

schnell zu speichern

Es tanzen sanft und stetig

in meinem kindlichen Herzen

tausend Lebensfeen

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Wenn Damaskus nicht wäre

(18.3.2024)

für Adel Suleiman Karasholi

„Wenn Damaskus nicht wäre“

liegt aufgeschlagen auf meinem Tisch

Die Verse verlassen ihr papiernes Haus

und strömen in meine Adern hinein

Das Lesen der Gedichte

dieser bewegenden Botschaften

einst tief in einem Herzen gediehen

wird immer wieder unterbrochen

von buten, bezaubernden

aber auch von bedrückenden Bildern

die vor meinen Augen schweben

Sie beleben, besänftigen

mahnen, inspirieren

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Der Kongress

(19.3.2024)

 

Aufgeblasene Geschäftigkeit

taumelt Hand in Hand

mit verinnerlichter Wichtigtuerei

durch die Hallen

Es wird geschwafelt

über Nachhaltigkeit, Natur

Verantwortung, Generationenvertrag

Der Elefant im Raum

der Krieg und seine Folgen

bleibt unerwähnt

Das Wegschauen wird beharrlich

gründlich gepflegt

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Armselige Wissenschaft

(19.3.2024)

 

Armselige Gestalten

im Grunde nach Liebe dürstend

dekoriert mit Titeln und Preisen

haben als Meister der Verdrängung

wieder das Wort

Sie verdrehen den Blick

bei sich und bei anderen

und verwalten wissenschaftlich

das vermeidbare Elend

Schreiende Lippen

weinende Augen

werden so verbannt

in die ewige Unkenntlichkeit

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Momentaufnahmen

(19.3.2024)

 

Der Bremer Hautbahnhof

hat zwei große Ausgänge

Auf dem einen Vorplatz

werden warme Getränke

durch Hilfskräfte ausgeschenkt

Die Gesichter der Beschenkten

berichten über leidvolle Geschichten

Ich verlasse den Bahnhof

durch den zweiten Ausgang

Die Welt des vorübergehenden Vergnügens

wird emsig aufgebaut

Ein Riesenrad, eine Achterbahn

Karussells und Schießbuden

stehen bereits bereit

Auf der genüberliegenden Wiese

stehen Menschen Schlange

für warme Getränke und Speisen

Mit diesen Momentaufnahmen im Herzen

laufe ich weiter zum Congress Centrum

Dort wird wissenschaftlich debattiert

Die Tagung trägt den Titel

„Nachhaltigkeit und Teilhabe:

Ökologisch – ökonomisch – sozial“

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Berühren

(21.3.2024)

 

Es wäre nicht natürlich

wenn wir keine Unterschiede aufwiesen

Anderes haben wir aufgenommen

Anderes haben wir verarbeitet

Anderes haben wir abgegeben

Und doch einigt uns Entscheidendes

die tiefe Sehnsucht nach Geborgenheit

die bereichernde Nacktheit angesichts des Todes

Lass es befreiend zu

dass die Herzen sich berühren

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Siehe auch:

Wenn die Liebe ruft

https://afsaneyebahar.com/2024/01/18/20697917/

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Der Klang des Wassers Gang

https://afsaneyebahar.com/2023/09/21/20696671/

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Damawand

https://afsaneyebahar.com/2022/07/29/20693800/

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Bilder einer Reise

https://afsaneyebahar.com/2020/12/20/20690717/

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