Das Kriegsende 1945 sollte Anlass zum umfassenden Gedenken sein, vor allem da Europa nach zwei Weltkriegen kurz vor der Vernichtung steht. Von Wolfgang Effenberger (April / Mai 2025)

8. Mai 1945 – Tag der Befreiung?

Das Kriegsende 1945 sollte Anlass zum umfassenden Gedenken sein, vor allem da Europa nach zwei Weltkriegen kurz vor der Vernichtung steht.

Von Wolfgang Effenberger

April / Mai 2025

 

Am 8. Mai 2025 wird vielerorts an den 80. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus und das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa erinnert. Die Hauptakteure dieses historischen Ereignisses lassen sich zunächst in zwei Hauptgruppen gliedern: Die Befreier und die Kapitulierenden. Bei den Befreiern sind es auf westlicher Seite vor allem die USA, die im eigenen Land eine profitable Wirtschaft aufbauen, viel Geld generieren konnten und sogar weniger Tote hatten als im US-Bürgerkrieg, während die damalige Sowjetunion unendliches Leid durch die Nationalsozialisten erfahren mussten. 27 Millionen Opfer, zerstörte Regionen bis Moskau und Stalingrad und in Leningrad über eine Millionen Verhungerte in den fast 900 Tagen der Belagerung. Das Leid in den Konzentrationslagern und die Ermordung der Millionen zu Feinden gemachten angeblich „Minderwertigen“ – darunter 6 Millionen Juden – darf nie vergessen werden. Und die Opfer des verbrecherischen NS-Regimes wollten bestimmt nicht, dass in den Erinnerungs- und Gedenkveranstaltungen nur einer Gruppe gedacht wird. So soll hier auch an die annähernd 3 Millionen russischen Kriegsgefangenen, die in Deutschland durch Vernichtung durch Arbeit oder Genickschuss ermordet worden sind, erinnert werden. Während die US-Armee maßgeblich an der Befreiung Westeuropas beteiligt war, spielte die Rote Armee eine zentrale Rolle bei der Befreiung Berlins und der endgültigen Niederlage des NS-Regimes. Am 7. Mai unterzeichnete im US-Hauptquartier von General Dwigth D. Eisenhower in Reims Generaloberst Alfred Jodl – Chef des Wehrmachtsführungsstabs eine Kapitulationsurkunde. Die Waffen sollten am nächsten Tag schweigen. Am 9. Mai 1945 – kurz nach Null Uhr – unterschrieben im sowjetischen Hauptquartier in Berlin-Karlshorst(1) Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel als ranghöchster deutscher Soldat sowie die Befehlshaber der Teilstreitkräfte vor den 4 Siegermächten die unterzeichnete die bedingungslose Kapitulation.

Nach dem 8. Mai schwiegen zwar die Waffen, aber der britische Premier Churchill hatte schon unter dem Namen „Operation Unthinkable“ die Planung eines Angriffs auf die Rote Armee für den 1. Juli 1945 befohlen – es wurde also schon am „Tag der Befreiung“ die Fortsetzung des Krieges zur Befreiung des durch die Rote Armee besetzten Polen geplant. Daneben gab es in Polen auch Kreise, die sich von der Roten Armee befreit fühlten. Nach dem 8. Mai 1945 gerieten deutsche Bevölkerungsteile unter fremde Herrschaft. Die Zahl der Todesopfer im Zusammenhang mit der Vertreibung der Deutschen nach dem 8. Mai 1945 wird in der Forschung kontrovers diskutiert. Historiker unterscheiden zwischen zwischenstaatlich organisierten Vertreibungen und spontanen Gewaltakten in der unmittelbaren Nachkriegszeit. Aus den Ostgebieten des Deutschen Reiches (Schlesien, Ostpreußen, Pommern) sowie aus Ostmittel-, Ost- und Südosteuropa (Tschechoslowakei, Ungarn, Jugoslawien) werden 12-14 Millionen Vertriebene angegeben.(2) Die offizielle Zahl der Todesopfer variiert aufgrund von statistischen Differenzen der Vorkriegs- und Nachkriegsbevölkerung zwischen 600.000 und 2 Millionen.(3) Während in Polen und der Tschechoslowakei 1945 Gewaltwellen dominierten, waren spätere Vertreibungen (ab 1946) oft „geordneter“, aber weiterhin tödlich.(4) Statistische Fehlerquellen: Ältere Schätzungen (z.B. 2 Millionen) inkludierten ungeklärte Fälle wie Kriegstote, Juden und fehlende Geburten. Unabhängig von der historischen Aufarbeitung, die komplex bleiben wird, da Opferzahlen oft politisch instrumentalisiert wurden,(5) müsste bei allen Gedenkveranstaltungen an das grenzenlose Leid erinnert werden, und den Opfern Gerechtigkeit widerfahren. Hier nehme ich den 17-jährigen nicht aus, der als Hitler Kanzler wurde, in der ersten Klasse war, von den Lehrern manipuliert wurde und dann als irregeleitetes Kind zur Waffen-SS überredet wurde. Ein Blick in die deutsche Nachkriegsgeschichte beschämt. Bis auf eine ganz kleine Gruppe, die 1946 in Nürnberg verurteilt und gehenkt wurde, übernahmen die USA – erinnert sei hier an die Operation Paperclip – so manchen für sie nutzbaren NS-Exponenten, andere durften die Bundesrepublik mit aufbauen wie die ehemaligen NS-Funktionäre Hans Globke und Werner Naumann . Sie symbolisierten die personelle Kontinuität zum NS-Regime und prägten den nun demokratischen Neuanfang mit. Hans Globke, der einflussreiche Staatssekretär, hatte als Ministerialbeamter im Reichsinnenministerium 1936 einen Kommentar zu den Nürnberger Rassengesetzen verfasst, der die antisemitische Politik legitimierte.

Zwischen 1953–1963 organisierte der Vertraute Adenauers als Staatssekretär im Bundeskanzleramt die Regierungsgeschäfte, kontrollierte Ministerien und beeinflusste Personalentscheidungen. Trotz dieser NS-Belastung setzte Adenauer auf Globke, um die Loyalität alter Eliten zu sichern – ein Signal der Integration für viele ehemalige NS-Beamte. Maßgeblich war Globke an der Integration der Organisation Gehlen (später BND) in die Bundesrepublik beteiligt und nutzte deren Netzwerke zur Überwachung politischer Gegner.(6)

Naumann war Staatssekretär im Reichspropagandaministerium unter Goebbels. In den 1950ern versuchte er, ehemalige Nationalsozialisten in der FDP und Deutschen Reichspartei (DRP) zu sammeln („Naumann-Kreis“). Aufgrund einer britischen Intervention wurde er 1953 verhaftet, um eine Unterwanderung der Demokratie zu verhindern. Gerade in Justiz, Verwaltung und Diplomatie blieben NS-belastete Personen oft im Amt, um staatliche Handlungsfähigkeit zu gewährleisten.(7)

Weiterlesen:

Teil 1/4; 25.4.2025

https://apolut.net/8-mai-1945-tag-der-befreiung-teil-1-von-wolfgang-effenberger/

PDF: WE25.4.2025
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Teil 2/4; 2.5.2025

https://apolut.net/churchills-kriegs-plan-unthinkable-von-wolfgang-effenberger/

PDF: WE2.5.2025

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Teil 3/4; 9.5.2025

https://apolut.net/erster-weltkrieg-und-die-folgen-von-wolfgang-effenberger/

PDF: WE9.5.2025

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Teil 4/4; 23.5.2025

https://apolut.net/wer-aber-den-frieden-will-der-rede-vom-krieg-von-wolfgang-effenberger/

PDF: WE23.5.2025

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Siehe auch:

Krieg gegen Russland? Das Schicksal von Iwan Nikolajew ist uns eine Mahnung!

27.4.2025

https://globalbridge.ch/wp-content/uploads/2025/04/Iwan-Nikolajew.pdf

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Der Berliner Koalitionsvertrag – eine verstörende Offenbarung

Ein Bedrohungsszenarium und die Rolle Deutschlands – eine ehemalige Demokratie auf Abwegen. Eine nüchterne Analyse.

Von Wolfgang Bittner

27.4.2025

https://voicefromrussia.ch/wolfgang-bittner-der-berliner-koalitionsvertrag-eine-verstorende-offenbarung/

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Hitlers Krieg gegen die Sowjetunion: Zugleich ein US-Stellvertreterkrieg

Von Werner Rügemer

27.4.2025

https://afsaneyebahar.com/2025/05/02/20703876/

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„Wer aber den Frieden will, der rede vom Krieg“

Vortrag beim Kongress „Krieg und Frieden“ der Neuen Gesellschaft für Psychologie am 11. April 2025 in Berlin

Von Rudolph Bauer

„Wer aber den Frieden will, der rede vom Krieg. Er rede vom vergangenen (…), er rede von dem kommenden vor allem. Er rede von seinen drohenden Anstiftern, seinen gewaltigen Ursachen, seinen entsetzlichsten Mitteln.“

http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=29464

PDF: RB11.4.2025

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Weitere Schriften von Wolfgang Effenberger

https://afsaneyebahar.com/category/wolfgang-effenberger/

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