Verzweifelte Eskalationen im Nahen Osten und in der Ukraine. Alastair Crooke, Glenn Diesen und Alexander Mercouris (30.11.2024)

Verzweifelte Eskalationen im Nahen Osten und in der Ukraine

Von Alastair Crooke, Glenn Diesen und Alexander Mercouris

30.11.2024

https://www.youtube.com/watch?v=YD9ZD0DLUHQ

Übersetzung von Andreas Mylaeus

Glenn Diesen: Hallo zusammen und willkommen. Ich bin Glenn Diesen und heute bei mir sind Alexander Mercouris und Alastair Crooke, jedermanns Lieblingsdiplomat aus Großbritannien und Nahost-Analyst.

Wir erleben derzeit wirklich einige sehr extreme Eskalationen. In der Ukraine überschreitet die NATO neue rote Linien. Aber wir sehen auch, dass Russland neue Möglichkeiten der Vergeltung hat, wie die Oreschnik-Rakete. Aber ich dachte, wir könnten zunächst die sich verändernde Situation im Nahen Osten ansprechen und ja, vielleicht könnten wir mit Ihnen, Alastair, beginnen, was die Geschehnisse betrifft. Können Sie uns etwas über den aktuellen Krieg Israels mit seinen Nachbarn berichten, über die Waffenruhe mit dem Libanon. Wird sie halten? Und ich denke, wir können auch auf die Position von Natanjahu innerhalb Israels eingehen. Aber vielleicht beginnen wir mit dem eigentlichen Krieg.

Alexander Mercouris: Und vielleicht auch mit diesem Angriff auf Aleppo.

Alastair Crooke: Ja, okay. Zunächst einmal würde ich sagen, dass dies ein langer Krieg ist. Im Moment sehen wir im Grunde eine Formveränderung. Er verändert einfach seine Form und bewegt sich von hier nach dort und vielleicht auch wieder zurück oder bewegt sich ganz woanders hin. Ich glaube nicht, dass wir in nächster Zeit auch nur in die Nähe des Endes kommen werden.

Also ja, zunächst einmal gibt es den Waffenstillstand im Libanon, von dem ich annehme, dass er das erste ist, mit dem jeder zu diesem Zeitpunkt beginnt. Der Waffenstillstand scheint bisher zu funktionieren – es sei denn, es gibt aktuelle Nachrichten –, aber es scheint in Ordnung zu sein. Aber es ist eine Waffenruhe [truce], kein Waffenstillstand [ceasefire]. Und ich denke, dass das im Moment ausreicht.

Was sind die Gründe für den Waffenstillstand? Aus israelischer Sicht gibt es mehrere. Ich denke, ein wesentlicher Grund ist: Die israelische Armee ist überlastet, sie ist müde. Ich meine, mehr als müde. Sie ist erschöpft. Aber sie operiert etwa 20% unter dem Personalbestand, den sie benötigt, um die aktuellen Aufträge zu erfüllen, die an sie gestellt werden, die militärischen Anforderungen an die Armee. Sie sind nur zu etwa 80% einsatzbereit und es gibt einen starken Rückgang bei den Reservisten, die zum Dienst erscheinen und bereit sind, zu diesem Zeitpunkt zu dienen. Einige von ihnen haben sich entfremdet und sind ausgestiegen, und so haben sie zum Beispiel im Libanon nicht gekämpft – die Reservisten – sie wurden abgezogen und die Golani, die Hauptbrigade dort oben, hat enorme Verluste erlitten. Ich denke, das ist ein Grund dafür: Die hohen Verluste im Libanon, sehr hohe Verluste im Libanon – vielleicht mehr Verletzte als Tote, aber immer noch hohe Verluste, Erschöpfung.

Weiterlesen: https://seniora.org/politik-wirtschaft/glenn-diesen-alastair-crooke-alexander-mercouris-verzweifelte-eskalationen-im-nahen-osten-und-in-der-ukraine

PDF: AC30.11.2024

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Siehe auch:

Historische Bundespressekonferenz: „Deutschland muss sich als Mittäter an den Reparationszahlungen für Gaza beteiligen“

Am 29. November kam es zu einer durchaus als historisch zu bezeichnenden Bundespressekonferenz. Christine Binzel, Professorin für Wirtschaft und Gesellschaft des Nahen Ostens, Michael Barenboim, Professor an der Barenboim-Said Akademie, Hanna Kienzler vom King’s College in London sowie der Völkerrechtler Wolfgang Kaleck vom European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) sprachen sachlich und ohne Angst und Tabus von den Völkerrechtsverbrechen Israels in Gaza und der Rolle Deutschlands als „Mittäter“.

Von Florian Warweg

2.12.2024

https://afsaneyebahar.com/2024/12/02/20703099/

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Israels Ex-Verteidigungsminister spricht von ethnischer Säuberung im Gazastreifen 

Mit heftigen Worten hat der frühere Armeechef Moshe Ya'alon das Vorgehen seines Landes gegen die Palästinenser kritisiert: Im Gazastreifen werde "das Land von Arabern gesäubert".
1.12.2024
https://gegenzensur.rtde.world/der-nahe-osten/227924-israels-ex-verteidigungsminister-spricht-von/

Israels Ex-Verteidigungsminister Moshe Ya'alon hat der Armee seines Landes eine "ethnische Säuberung" im Gazastreifen vorgeworfen. "Die Straße, die wir entlanggeführt werden, ist Eroberung, Annexion und ethnische Säuberung", sagte Ya'alon am Samstag in einem Interview mit dem privaten Sender DemocraTV.
Auf die Nachfrage der Journalistin, ob er glaube, dass Israel sich in Richtung "ethnische Säuberung" bewege, sagte Ya'alon:
"Was passiert dort? Es gibt kein Beit Lahia mehr, kein Beit Hanoun, die Armee interveniert in Dschabalia und in Wahrheit wird das Land von Arabern gesäubert."
Der 74 Jahre alte Ya'alon war von 2002 bis 2005 Armeechef, bevor Israel sich aus dem Gazastreifen zurückzog. Er war Verteidigungsminister und Vize-Ministerpräsident, bevor er im Jahr 2016 wegen Meinungsverschiedenheiten mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zurücktrat. Im Jahr 2019 verbündete er sich mit dem aktuellen Oppositionschef Jair Lapid, bis er sich 2021 aus der Politik zurückzog.
Seine jüngsten Äußerungen lösten in Israel umgehend Verärgerung aus. Der rechtsextreme Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir sagte, es sei eine "Schande" für Israel, "so eine Person als Armeechef und Verteidigungsminister gehabt zu haben".
Netanjahus Likud-Partei verurteilte Ya'alons "unehrliche Bemerkungen" und bezeichnete sie als "Geschenk für den IStGH und das Lager der Israelfeinde".

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