Gedichte (15.7.2024)

Gedichte (15.7.2024)

 

Wahre Freunde

(9.6.2024)

Beliebig benutzte Begriffe

dehnbare Deutungen

ohne Beziehung zur Wirklichkeit

entleerten Hülsen entsprechend

pflastern die Straßen der Verwirrung

des Aufgebens und der Gleichgültigkeit

Sich prostituierende Denker

schwimmen wie Leichen

im Strom des Schreckens

Glücklich schätze ich mich

da in dieser Trostlosigkeit

aufrichtige Freunde leben

die sich von Wahrhaftigkeit

stetig leiten lassen

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Parasitäre Macht

(27.6.2024)

Was als Tatsache zu gelten hat

was als wahr zu betrachten ist

bestimme ich allein

sagte der Tyrann vollmundig

Das ist mein verbrieftes Recht

Seine Handlanger klatschten Beifall

Seine Untertanen zollten Kniefall

Die Erde drehte sich weiter

unbeeindruckt von diesem Gebaren

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Verbunden

(27.6.2024)

in Erinnerung an Wolfgang Jung (27.01.1938 – 21.06.2024)

Raum und Zeit trennen uns

wie Berge und Steppen

Flüsse in verschieden Tälern

voneinander trennen

Und doch sind wir verwandt

wie die Wasserteilchen

in herumziehenden Wolken

oder im blauen Ozean

Ich spüre deine Umarmung

Ich fühle deinen Herzschlag

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Beim Namen nennen

(5.7.2024)

Gerade in einer Gesellschaft

in der organisiert gelogen wird

und Tatsachen nach Belieben behandelt werden

sage redlich, laut und deutlich

wie die Zustände wahrhaftig sind

Solange Freiräume noch bestehen

mache dich nicht vorauseilend mundtot

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Alternativen

(11.7.2024)

Der Tyrann sagte

Es gibt keine Alternative

Die Untertanen nickten

Sie hatten das Hinterfragen verlernt

Die Erde drehte sich unbeeindruckt weiter

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Gerechte Verteilung

(11.7.2024)

Der Kriegsminister hatte Schaum vor dem Mund

Die Waffenhersteller hatten Dukaten im Mund

Die Entrechteten hatten Asche im Mund

Das höchste Gericht im Lande verkündete

Die Güterverteilung ist gesetzeskonform

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Wahnwechsel

(11.7.2024)

Der Krieg kommt näher

Tiefgründige Gedanken sind verpönt

Es herrscht der Fußball-Wahn

Demnächst kommt der Olympia-Wahn

Die mächtigen Wahnsinnigen sind höchst zufrieden

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Wie lange noch

(11.7.2024)

So weit das Auge blicken kann

grüßen grüne Wiesen und Wälder

Eine Etage höher ist der Nebelzauber

in allmählicher, betörender Auflösung

Eine Stufe darüber verwandeln lockere Wolken

die Sonne in einen weißen Kreis

Dann tritt unerwartet ein See auf

Die Schönheit verdoppelt sich sanft

Im Zug nehme ich dieses Schauspiel wahr

berücksichtige die täglich zunehmende Kriegstreiberei

und frage mich

Wie lange noch

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