
In Erinnerung an Wolfgang Jung, einen aufrichtigen Aufklärer und treuen Freund (27.01.1938 – 21.06.2024)
******
Mein geliebter Mann, ein Lehrer, Aufklärer und unermüdlicher Mahner für den Frieden ist nach langer, schwerer Krankheit gestorben.
Wolfgang Jung
27.01.1938 – 21.06.2024
„We shall overcome“
In unseren 45 gemeinsamen Jahren haben wir viele Freuden und manches Leid geteilt. Nun hat mir der Tod die Liebe meines Lebens genommen.
In ewiger Liebe und unendlicher Dankbarkeit,
Deine Frau Fee Strieffler
Das Urnenbegräbnis fand auf Wolfgangs Wunsch in kleinstem Kreise auf dem Friedhof Erzhütten-Wiesenthalerhof statt.
******
Trauerrede für Wolfgang Jung (27.01.1938 – 21.06.2024) gehalten am 6.7.2024 in Kaiserslautern
Wolfgang Jung war ein engagierter, von Schülern und Kollegen geschätzter Lehrer, Aufklärer und Mahner, der sich bis zuletzt für Verständigung , Abrüstung und Frieden eingesetzt hat.
Nach langer schwerer Krankheit, während der ihn seine Frau Fee Strieffler unermüdlich und liebevoll zuhause gepflegt hat, ist er am Morgen des 21. Juni 2024, wie er es sich gewünscht hat, in gewohnter Umgebung zuhause gestorben.
Wolfgang Jung und Fee Strieffler waren seit 1979 ein unzertrennliches Paar und heirateten am 13.10.1993. 45 gemeinsame Jahre, nie langweilige, fordernde, schöne, durch viele gemeinsame Interessen geprägte und glückliche Jahre haben mit seinem Tod ihr Ende gefunden. Auch der Tod wird die beiden nicht trennen.
Geboren wurde Wolfgang Jung noch vor dem Zweiten Weltkrieg, am 27. Januar 1938 in Miesenbach, das heute ein Ortsteil von Ramstein-Miesenbach ist.
Er war das einzige Kind der Bergmannstochter und Magd Emilie Jung, geb. Wendel und des Bauernsohns und Fabrikarbeiters Albert Jung.
Er ist aufgewachsen im kleinen Einfamilienhaus seiner Großeltern mütterlicherseits in Miesenbach.
Traumatische Kindheitserlebnisse haben sein ganzes Leben geprägt.
Im Vorschulalter hat er nur knapp eine schwere Lungenentzündung überlebt. Blieb danach über längere Zeit kränklich und körperlich schwach.
Weiterlesen: TRWJ6.7.2024
******
Meine Gedanken … zum Tod meines Mannes Wolfgang Jung (27.01.1938 -21.07.2024)
Von Fee Strieffler
Juli 2024
Das Ende, die Endgültigkeit … stand am Horizont. Und doch ist es immer überraschend. Trotzdem zerreißt es mir das Herz, dass mein geliebter Wolfgang nun unter der Erde ist. Endgültig. Auf ewig.
Endgültig schließt sich der Kreis von 45 Jahren mit einem außergewöhnlichen, liebenswürdigen, charmanten, grundehrlichen, sorgenden Mann. Mit meinem Wolfgang.
Jetzt bin ich endgültig allein, ohne die große Liebe meines Lebens, die uns KEINER gegönnt hat.
Jetzt bin ich ohne meinen Lebensmenschen, dem ich blind vertrauen konnte.
Jetzt bin ich ohne den Liebenden, der mich ohne jeden Vorbehalt liebte.
Jetzt fehlt der Liebende, der mir seinen guten Rat anbot, der mir immer wohl wollte.
Jetzt fehlt der, der sich immer um mein Wohl sorgte, und trotzdem manche „Spinnerei“ wie die mit dem Glasschmuck , unterstützte und förderte. Niemand wird mir mehr mit seinem ehrlichen Urteil helfen, „Spur und Stil“ zu halten.
Jetzt bin ich ohne meinen zärtlichen, verständnisvollen Geliebten.
Jetzt bin ich ohne meinen wahren ehrlichen Freund.
Jetzt bin ich ohne den Mann, mit dem ich auch schweigen konnte, Konversation auch große Worte funktionierte … Ein Blick, ein Händedruck , ein Streicheln …
Jetzt bin ohne meinen Mann mit seinem eigenen Stil , der immer gepflegt und wohlduftend erschien, selbst während seiner schweren Krankheit.
Jetzt bin ich ohne meinen Genuss-Partner, der auch ganz einfache Dinge genießen konnte.
Jetzt wird er mir nach einem guten Essen nicht mehr sagen: „Habe ich ein Glück. Ich ess‘ ja täglich im Fee´n Stübchen“.
Jetzt muss ich ohne seinen blitzgescheiten und schlagfertigen Humor , der mich immer zu lachen brachte, die Tage verbringen.
Jetzt muss ich auch ohne seine frappierend treffsichere Menschenkenntnis leben. Er hatte die Gabe, die Menschen zu „erkennen“ *s.u. Manche hassten ihn dafür.
ER fehlt mir …
ER hat mir zu meinen vielen Interessen noch weiteres Wissen und Sichten in und auf die Welt eröffnet, und mein Selbstbewusstsein enorm gestärkt.
Er hat mich mit seinem Charme erfreut und mich mit seinem blitzgescheiten Humor jeden Tag zum Lachen gebracht.
ER hat mir nie sein enormes Wissen aufgedrängt, hat immer Angebote gemacht, ich konnte alles fragen und hat mich viel lernen lassen, unsere vielfältigen Interessen haben sich dabei ergänzt.
ER wird mir nie mehr ein lesenswertes Buch oder eins, das einfach zum Kanon gehört, empfehlen können.
ER hat mich nie vor anderen bloßgestellt, ist nie mit meinen Schwächen hausieren gegangen.
ER hat mein impulsives Temperament ertragen, „seinen Hitzeblitz“ und oft genug meinen Geist wieder beruhigt und geklärt.
ER wird nie mehr eine Ausstellung, ein Konzert oder ein Theater mit mir besuchen — inclusive Diskurs hinterher.
Wolfgang wird nie mehr mit mir in „De Alt Welt“ an einer schönen Pfälzer-Aussicht mit Fernblick sitzen, und z.B. von Eulenbis bis zum Atlantik schauen. Bis die Sonne versinkt.
Er wird nie mehr mit mir auf einem Kap am Atlantik stehen, zu Abend gegessen, das Bett im Bus gerichtet, die salzige Luft einatmend und zum Sonnenuntergang einen Rotwein, Single Malt oder wie in den letzten Jahren einen Tee trinken … bevor wir uns vom Wind in den Schlaf wiegen lassen …
Er wird mich auch nie mehr in ölig-fischig-riechenden Häfen vor lauter Fotografieren von Details alter Segel-Schiffe „vergessen“, alte Seebären befragen. Seine alle im Maßstab 1:50 detailgetreu nachgebauten Segelschiffe sind einzigartig. Da wartet man auch mal …
Er wird auch nie mehr von Speyer über Otterberg via Alesia, Talmont und zurück …jedes romanische Kirchlein, Klöster wie Fontenay, Maulbronn etc. dokumentieren. Kraftplätze sagte er.
Wolfgangs Geist findet vielleicht den Frieden, den er auf Erden vermisst hat bei seiner imaginären Reise mit dem Langboot nach Norden … Dahin, wo das Ende der Welt ist.
Mein herzensguter Mann Wolfgang, der sein ganzes Leben lang pflichtbewusst getan hat, was getan werden musste und darüber hinaus, der immer seinen Verpflichtungen und darüber hinaus nachgekommen ist, der sich für wildfremde Menschen das Hemd zerrissen hat, Leuten „den Arsch gerettet“ und Leuten aufs Pferd geholfen hat, oft genug Nachteile in Kauf genommen hat, unermüdlich für Frieden, Abrüstung und Völkerverständigung eingetreten ist , mein lieber, freundlicher, sanfter „Guter Hirte“ ist nicht mehr bei mir.
In ewiger Liebe und unendlicher Dankbarkeit für die schönen 45 Jahre, mein geliebter Wolfgang,
Deine Fee
******
Kaiserslautern Friedensaktivist Wolfgang Jung ist gestorben
Die aktuelle Ausstellung „Kalter Krieg und heißer Herbst“ des Ramsteiner Docu Centers erinnert noch einmal an die Hürden, Schikanen und Widerstände, denen sich die pfälzischen Friedensaktivisten in den 1980er Jahren ausgesetzt sahen. Besonders heftig bekam sie der Lehrer Wolfgang Jung zu spüren, eine Galionsfigur der Friedensbewegung. Im Alter von 86 Jahren ist er jetzt gestorben.
Von Rainer Dick
16.7.2024
******
Schriften von Fee Strieffler und Wolfgang Jung:
Luftpost. Friedenspolitische Mitteilungen aus der US-Militärregion Kaiserslautern/Ramstein
Weitere Schriften von Fee Strieffler und Wolfgang Jung
******
Verbunden
(27.6.2024)
in Erinnerung an Wolfgang Jung (27.01.1938 – 21.06.2024)
Raum und Zeit trennen uns
wie Berge und Steppen
Flüsse in verschieden Tälern
voneinander trennen
Und doch sind wir verwandt
wie die Wasserteilchen
in herumziehenden Wolken
oder im blauen Ozean
Ich spüre deine Umarmung
Ich fühle deinen Herzschlag
֎
֎
Zerreißprobe
(17.3.2024)
Fee Striefler und Wolfgang Jung gewidmet
Der Frühling spricht mit mir
wie jedes Jahr
voller Hoffnung und Freude
Im Hochbeet der gezüchteten Gleichgültigkeit
unter dem Schatten des Stumpfsinns
gedeiht allerdings grauenvoll
das Kriegsgewächs
Tausend Schmetterlinge flattern
sehsüchtig in meinem Herzen
nach einem Weg suchend
zu gemeinsamen Lichthainen
֎
֎
Der Apfelbaum
(25.1.2023)
Fee Strieffler und Wolfgang Jung gewidmet
Nun stehst du anmutig
in unserem winterlichen Garten
und trägst deine schönste Tracht
die trächtige Nacktheit
Ich umarme dich liebevoll
nehme in jedem deiner Äste
mit allen Sinnen wahr
den belebenden Pulsschlag
dieser unaufhaltsamen Umwandlung
und fühle mich zutiefst glücklich
dich als Vorbild erkannt zu haben
֎
֎
Gegensätzlichkeiten
(17.8.2018)
mit Dank Wolfgang Jung gewidmet
(Luftpost. Friedenspolitische Mitteilungen aus der US-Militärregion Kaiserslautern/Ramstein)
Wenn Nachrichten bösartig
meinen hart hergestellten Atemraum besetzen
wenn die Menschen so gleichgültig schweigen
dass meine Haut in der Stille schmerzt
wenn tiefe Traurigkeit träufelt
und das Papier sich gegen den Stift wehrt
unbeschwertes Dahingleiten im Sinn
dann strömen Worte weinend hinaus
In solchen Momenten verlasse ich den Raum
rede mit Pflanzen und Tieren
mit dem aus der Seele singenden Star
den Vögeln auf den Getreidefeldern
den Brombeeren am Rande des Steigs
den bunten Blättern der tanzenden Eiche
mit der Brise über der friedlichen Fulda
die für eine Weile innehält
mit der lachenden Sonne im hellroten Horizont
Sie lesen mir alle zwanglos, zärtlich
bezeichnende Zeilen des Daseins vor
beruhigenden, besänftigenden Balsam zum Überleben
So keimen kraftvoll strahlend
mitten in bedrückender Verzweiflung
Zuversicht, Wagemut und Freude
֎
֎
Eine Vision für Ramstein-Miesenbach
(11.9. 2017)
Fee Strieffler und Wolfgang Jung gewidmet
Auf den ersten Blick
erkenne ich eine triste Gegend
aus allen Poren nach Grau riechend
Den ganzen Tag dröhnen Militärflugzeuge
in ihren Bäuchen die Grausamkeit befördernd
Weißliche Riesen stehen in Reihen
hinter Stacheldraht geschützt
als Beihilfe zur länderübergreifenden Lynchjustiz
im Weißen Haus angeordnet
durch Killerdrohnen ausgeführt
Ein gigantischer Apparat
dient hier der wahnsinnigen Illusion
eines begrenzt durchführbaren Atomkrieges
Es ist eine nach Tod riechende Gegend
durch Stationierungsvertrag ausländischen Streitkräften überlassen
Ein Vertrag mit weltweiten Folgen
von der Bundesrepublik Deutschland jedoch jederzeit kündbar
mit einer regulären Frist von zwei Jahren
Betrachte ich sorgfältig diese Gegend
nehme ich aufblühend wunderbare Menschen wahr
die mitten im weit verbreiteten Hinwegschauen
beharrlich Blumen der Aufklärung pflanzen
mit langem Atem den Widerstand gestalten
und von einem See träumen
der nach Abtragen der durch und durch verseuchten Erde
auf dem jetzigen Militärgelände entstehen könnte
mit vielen bunten Seegelbooten
und dem belebenden Geräusch spielender Kinder
֎
֎
