Gedichte (23.4. bis 16.5.2024)
Wendungen
(23.4.2024)
Der nahe Bach
ist nach den vergangenen Niederschlägen
heute hörbar beschleunigt
Trotzdem hat er Zeit
für unsere gelegentlichen Gespräche
Ihm erzähle ich
sorgenvoll und zuversichtlich
über meine Beobachtungen
des gegenwärtigen gesellschaftlichen Geschehens
Tröstend antwortet er bedacht:
Die Lösung liegt in der Bewegung
Auch das gesellschaftliche Leben
ist voller Wendungen
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Liebender Weitblick
(27.4.2024)
Gerne lese ich Gedichte
die nach liebendem Weitblick riechen
nach aufrichtigem Mitgefühl
nach folgerichtigem Handeln
Sie entstehen tief in Herzen
in denen tausend Sonnenstrahlen leben
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Unterschiede würdigend
(27.4.2024)
Eulen- und Lerchentypen
können schöpferisch zusammenleben
wenn sie ihre Unterschiede würdigen
In der Morgendämmerung
liege ich wach neben dir
spüre deine Körperwärme
lausche dem Gesang der Vögel
lasse meine Gedanken fliegen
und mein Herz sprechen
So entsteht manches Gedicht
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Sterben auf Raten
(14.5.2024)
Mancher Mensch hat Angst
seine begründeten Zweifel
seine aufdeckenden Gedanken
folgerichtig umzusetzen
Lieber stirbt er
allmählich auf Raten
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Der Blauregen
(15.5.2024)
Hast du dich zu früh gefreut im April
zu früh ausgetrieben
ohne Ahnung von der eisigen Kälte
Geduldig bleibe ich bei dir
voller Vertrauen zu deinen Wurzeln
voller Freude auf deine neuen Triebe
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Neues Blumenbeet
(15.5.2024)
Das Beet neu angelegt
Den Boden bedacht bearbeitet
Blumen liebevoll gepflanzt
und geduldig gepflegt
Meine Seele braucht Paradiese
mitten im tobenden Kriegsgeschrei
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Berberitze
(15.5.2024)
Gelbe Blüten
zarte, feine
zeigen sich zum ersten Mal
in diesem Beet
Erinnerungen vermischen sich
mit blühenden Träumen
Das Herz tanzt
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Welten
(15.5.2024)
Ohne Scham sprechen sie
eure Wissenschaftler und Künstler
eure Politiker und Philosophen
diese hohlen Sprachrohre
über die von euch festgelegten Ziele
und die Etappen dahin
Wieder habt ihr
die Rechnung ohne den Wirt gemacht
ohne Bewohner dieser Erde
ohne Berücksichtigung
der Gesetze der Natur
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Die Zugfahrt
(15.5.2024)
Der Zug fährt ohne Hast
Mein Blick küsst den Horizont
Die Gedanken schweben sanft
Die Wiesen sprechen still
Die Wolken zeichnen einen Menschen
beide Arme seitlich ausgestreckt
versunken in Gedanken
zutiefst friedlich
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Unterwegs
(15.5.2024)
Häuser erscheinen und vergehen
Ich frage mich besorgt:
Was beheimaten sie
Leuchten in ihnen
aufmerksame Augen
Gedeihen in ihnen
befreiende Gedanken
Tanzen in ihnen
Hand in Hand
Güte und Wissen
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Willkommen
(15.5.2024)
Wo seid ihr, unsichtbar, gewesen
in den letzten Tagen und Nächten
Gedanken, die zu Gedichten reifen
Gedichte, die nach Taten fordern
Taten, die gedeihliches Leben fördern
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Kriegstreiber in Deutschland
(15.5.2024)
Gut behütet in bequemen Betten
träumen die Kriegstreiber von blutigen Schlachten
Ihre eigenen Angehörigen schließen sie
von den Kampfhandlungen aus
Die Schandtaten aus ihrer Traumwelt
verwirklichen sie Schritt für Schritt
mit Hilfe unzähliger Mittäter und Mitläufer
Die Mehrheit der Bevölkerung schweigt beschämend
und vergrößert täglich ihre entsetzliche Schuld
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Hohl und hinkend
(15.5.2024)
Sie prangern die Untaten
ihrer Eltern und Großeltern an
theatralisch, bühnenreif
Gleichzeitig beteiligen sie sich aktiv
an Vertreibung
Verwüstung
und Völkermord
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Meinungsfreiheit
(15.5.2024)
Mir nicht dienende Meinungen
sind keine Meinungen
sondern Verbrechen
oder Vorbereitung von Verbrechen
Für sie entfällt deshalb strikt
die von mir gelobte Meinungsfreiheit
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Die Medaille
(16.5.2024)
Für die Gewaltherrscher
gibt es stets eine entscheidende Frage:
Soll die machtlose Mehrheit
bestochen oder unterdrückt werden
Die beiden Vorgehensweisen
schließen sich gegenseitig
keinesfalls aus
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Widerspruch
(16.5.2024)
Ein weiser, weißer Amerikaner
betonte begründet vor vielen Jahrzehnten:
Wir können nicht gleichzeitig
ein Kolonialreich im Orient
und eine Republik in Amerika haben
Er wurde schwer geschmäht
Er wurde bitter bekämpft
Seinesgleichen erleben heutzutage
folgerichtig
ein ähnliches Schicksal
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