Im Zusammenhang mit dem Artikel Israel ringt mit seinem „Suez-Moment“ von M. K. Bhadrakumar von 18.4.2024 wurde das Interview der Berliner Zeitung mit Gideon Levy, dem Herausgeber der israelischen Tageszeitung Haaretz, von 19.4.2024 erwähnt. Daraufhin hat Willy Wahl mich auf einen älteren Text von Gideon Levy, Brief an einen Soldaten, aufmerksam gemacht.
Brief an einen Soldaten
„Nicht eine Minute lang, habe ich gedacht, dass IDF-Soldaten Freude daran haben, Kinder zu töten. Aber Kinder sind getötet worden. Viele Kinder, Hunderte von Kindern.“
Von Gideon Levy, Haaretz, 17.12. 2004 (Der Brief des Soldaten ging diesem Brief voraus)
Übersetzung von Ellen Rohlfs
Geschätzte Leserin, geschätzter Leser, liebe Freunde, Gideon Levys eindrucksvollen Brief an einen Soldaten hatten wir vor 19 Jahren bereits gebracht. Wir legen ihn Ihnen heute erneut zur Lektüre vor, weil er anlässlich des derzeitigen unsäglichen Dramas in Israel-Gaza eine ganz besondere Relevanz hat. Weil Levy u.a. auch das rassistische Menschenbild des «Sich Drüberstellens», des «Exzeptionalismus», der «Herrenmentalität» und vor allem auch die Bedeutung der «Erziehung» anspricht, erachten wir seinen Brief als hervorragendes Schulmaterial in Schulen und Hochschulen überall auf der Welt. Der Brief könnte auch an alle Soldaten – und ihre Eltern – weltweit gerichtet werden, denn nicht nur die israelischen begehen diese Untaten. Weil wir die Erziehungsfrage als DIE wichtige Frage für das Überleben der Menschheit halten, freuen wir uns, wenn Sie unseren Dossiers «Erziehung» und «Die soziala Natur des Menschen» Beachtung schenken und diesem Text zu grosser Verbreitung verhelfen. Herzlich Margot und Willy Wahl
Lieber Soldat!
Es ist unmöglich, das zu tun, was du in den besetzten Gebieten tust, ohne darüber nachzudenken, wie du es tust.
Es ist unmöglich für dich, dich ohne das Gefühl „enormer Genugtuung“, täglich in große Gefahr zu begeben. Du und deine Kumpels wäret nicht in der Lage, diesen Job, den ihr auf euch genommen habt, zu tun, wenn ihr nicht überzeugt wäret, dass das, was ihr tut, sehr wichtig und richtig ist.
Es ist genau deshalb, weil wenigstens einige von euch Prinzipien haben, dass du nicht in der Lage sein würdest, das zu verüben, was du verübst – weil du nicht darüber denkst, warum du das tun darfst – ihnen dasselbe aber verboten ist. Dass sie und wir nicht gleich sind. Dass dir im Namen der Sicherheit alles zu tun erlaubt ist, was dir gefällt – ohne rote Linien, einschließlich der roten Linie, nicht auf Kinder zu schießen – eine Linie, die längst überschritten ist.
Darum gibt es ein raffiniertes System von Erziehung, Information, Kommunikation, Gehirnwäsche, Entmenschlichung und Dämonisierung, ein System, das Generationen ausgezeichneter junger Leute aufzieht, die entsetzliche Taten tun, weil es ihnen, auch den besten unter ihnen, einfach nicht bewusst ist, was sie tun.
Weiterlesen: https://seniora.org/politik-wirtschaft/israel/brief-an-einen-soldaten
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Siehe auch:
Gaza Gaza
Text: Diether Dehm und Dieter Hallervorden
Musik: Jens Fischer Rodrian
April 2024
https://afsaneyebahar.com/2024/04/17/20699435/
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