Ukraine / Israel / Palästina: «Aus unserer Unfähigkeit, Krisen zu verstehen, resultiert die Unfähigkeit, sie zu lösen»
Thomas Kaiser im Gespräch mit Jacques Baud
veröffentlicht am 27.3.2024
Zeitgeschehen im Fokus; Ausgabe Nr. 5 / 2024
Jacques Baud hat einen Master in Ökonometrie und ein Nachdiplomstudium in internationaler Sicherheit am Hochschul¬institut für internationale Beziehungen in Genf absolviert und war Oberst der Schweizer Armee. Er arbeitete für den Schweizerischen Strategischen Nachrichtendienst und war Berater für die Sicherheit der Flüchtlingslager in Ost-Zaire während des Ruanda-Krieges, arbeitete unter anderem für die Nato in der Ukraine und ist Autor mehrerer Bücher über Nachrichtendienste, asymmetrische Kriegsführung, Terrorismus und Desinformation.
Zeitgeschehen im Fokus In den Mainstream-Medien wird erzählt, dass Russland in der Ukraine militärisch nur langsam vorwärtskomme. Auch gibt es Berichte, die davon sprechen, dass die Russen grosse Verluste hätten. Dann liest man, was man schon seit dem Beginn des Krieges hört, dass die Russen keine Munition mehr hätten, ganz viele Panzer verlören und so weiter. Was wissen Sie über die aktuelle Lage?
Jacques Baud Zuerst möchte ich eine Bemerkung machen. Wenn wir in den Medien lesen und hören, was Sie gerade erzählt haben, und Macron und die Nato dagegen behaupten, Russland würde Europa angreifen, dann ist das völlig widersprüchlich. Politiker und Medien sollten einmal ihr logisches Denken analysieren. Was uns erzählt wird, ist nicht einmal Propaganda, es ist reine Desinformation. Propaganda kommt aus dem Lateinischen und bedeutet, etwas hervorzuheben, was es wert ist, hervorgehoben zu werden. Propaganda kann Schlechtes oder Gutes hervorheben, aber es bezieht sich auf Dinge, die irgendwo existieren. Das haben wir hier nicht. Es werden bewusst Aussagen kreiert mit dem Ziel, das Bedrohungsbild zu verfälschen. Die Kommunikationsstrategie des Westens besteht darin, zu sagen, dass Russland schwach sei und es nur einer kleinen Anstrengung bedürfe, um es in eine Niederlage zu stürzen. Um die Vorstellung von dieser Schwäche zu verstärken, wird behauptet, dass Russland nicht in der Lage sei, seine Ziele zu erreichen, die es – in Wirklichkeit – nie erklärt hat, sondern die ihm vom Westen unterstellt werden.
Heute haben wir jedoch ein anderes Bild von der Situation, da die Realität mit unserem Narrativ kollidiert. Das bedeutet zwei Dinge. Zum einen, dass wir nicht in der Lage waren, die tatsächlichen Fähigkeiten Russlands und der Ukraine einzuschätzen. Mit anderen Worten: Unsere Geheimdienste haben uns eindeutig ein falsches Bild vermittelt.
Zum anderen haben die westlichen Politiker Öffentlichkeit und – was noch schlimmer ist – Selenskyj selbst eindeutig belogen. Ich hatte in Ihrer Zeitung bereits über die völlige Unkenntnis unseres Botschafters bezüglich der Lage in der Ukraine berichtet.
Weiterlesen:
https://www.zeitgeschehen-im-fokus.ch/de/newspaper-ausgabe/nr-5-vom-27-maerz-2024.html#article_1653
PDF: JB27.3.2024
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Siehe auch:
Macrons Psychospielchen, um den geplatzten Ballon einer „geopolitischen EU“ in der Luft zu halten
Von Alastair Crooke
25.3.2024
Übersetzung von Andreas Mylaeus
https://afsaneyebahar.com/2024/03/26/20698936/
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Einige Analysen über den Terroranschlag vom 22.3.2024 in Moskau
27.3.2024
https://afsaneyebahar.com/2024/03/27/20698971/
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Diplomatische und Terror-Offensive?
Nach Beginn der sogenannten Spezial-Militäroperation, so die offizielle russische Bezeichnung für den aktuellen Krieg in der Ukraine, blieb die russische Diplomatie auffällig ruhig. Selbst an Veranstaltungen von grundsätzlich Russland freundlich gesinnten Kreisen verhielten sich russische Diplomaten äußerst zurückhaltend. Nun aber scheinen sie aktiv zu werden. Wähnt Moskau sich auf der Siegerstraße? Und was für eine Rolle spielt hierbei der Terroranschlag auf die „Crokus City Hall“ in Krasnogorsk bei Moskau am vergangenen Freitag?
Von Ralph Bosshard
26.3.2024
https://globalbridge.ch/diplomatische-und-terror-offensive/
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