Südafrikas Schachzug gegen den Genozid in Gaza

Südafrikas Schachzug gegen den Genozid in Gaza

Von Dagmar Henn

10.1.2024

Für den Internationalen Gerichtshof in Den Haag ein heikler Fall: die Anhörungen zur Klage Südafrikas gegen Israel wegen Genozids. Das Gericht kann damit eine stärkere Rolle finden oder seinen Ruf zerstören. Die Klage jedenfalls ist gründlich und fundiert.

Am Donnerstag und am Freitag finden, jeweils von 10 bis 13 Uhr, die Anhörungen zur Klage Südafrikas gegen Israel wegen Genozids vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag statt. Südafrika hat am 29. Dezember die Klage eingereicht; in der mündlichen Verhandlung werden Südafrika am Donnerstag und Israel am Freitag ihre Argumente vortragen. Dabei geht es um vorläufige Maßnahmen, die Südafrika beantragt hat.

Der Internationale Gerichtshof in Den Haag ist die Judikative der Vereinten Nationen, sprich, ein Staat fällt durch die Mitgliedschaft in der UN in die Zuständigkeit dieses Gerichts. Bei den Prozessen vor dem Internationalen Gerichtshof geht es um Streitigkeiten zwischen Staaten. Mit der bekannteste Fall, den der IGH verhandelt hat, war die Klage Nicaraguas gegen die Vereinigten Staaten wegen der Unterstützung der Contras – ein Fall, den die USA verloren, dessen Folgen sie sich aber unter anderem durch ein Veto im UN-Sicherheitsrat entzogen. Denn durchsetzbar sind die Entscheidungen dieses Gerichts nur durch entsprechende Beschlüsse des Sicherheitsrats oder, mit recht hohen Hürden, durch Beschlüsse der UN-Vollversammlung.

Aus der Verbindung des IGH mit der Mitgliedschaft in der UNO ergibt sich, warum eine direkte Klage Palästinas gegen Israel nicht möglich war – da die Aufnahme eines Staates in die UNO der Zustimmung durch den UN-Sicherheitsrat bedarf, verhinderte das Veto der USA bisher eine volle Mitgliedschaft. Eine derartige Klage war also durch die Betroffenen selbst nicht möglich. Südafrika beruft sich nun in seiner Klage vor allem darauf, dass es, ebenso wie Israel, die Genozidkonvention (Übereinkommen über die Verhütung und Bestrafung des Völkermords) unterzeichnet habe, das dazu verpflichte, einen Völkermord zu verhindern. Der rechtliche Streitpunkt zwischen den Staaten Südafrika und Israel, über den der IGH entscheiden soll, besteht darin, dass Südafrika in Israels Vorgehen in Gaza einen Genozid sieht, die israelische Regierung aber nicht.

Es gibt also ein Hauptverfahren, das darüber entscheiden muss, ob es sich um einen Genozid handelt, und ein Vorverfahren, in dem vorläufige Maßnahmen beschlossen werden können, um eine weitere Verschlechterung und eine mögliche Beeinträchtigung der Beweislage zu verhindern. Die anstehenden Anhörungen gehören zu diesem Vorverfahren.

Weiterlesen:

https://gegenzensur.rtde.world/international/192359-suedafrikas-schachzug-gegen-genozid-in/

PDF: DH10.1.2024

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South Africa presents its case against Israel at the ICJ

January 11, 2024

Anhörung der Klage der Republik Südafrika zum vermuteten Völkermord Israels an den Palästinensern am 11.1.2024

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Israel presents its case at the ICJ

January 12, 2024

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Siehe auch:

APPLICATION INSTITUTING PROCEEDINGS

To the Registrar of the International Court of Justice, the undersigned, being duly authorised by the Government of the Republic of South Africa, state as follows:

In accordance with Articles 36 (1) and 40 of the Statute of the Court and Article 38 of the Rules of Court, I have the honour to submit this Application instituting proceedings in the name of the Republic of South Africa (“South Africa”) against the State of Israel (“Israel”). Pursuant to Article 41 of the Statute, the Application includes a request that the Court indicate provisional measures to protect the rights invoked herein from imminent and irreparable loss. […]

December 28, 2023

https://www.icj-cij.org/sites/default/files/case-related/192/192-20231228-app-01-00-en.pdf

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Völkermord in Gaza

Von John J. Mearsheimer, 4.1.2024

Übersetzung von Andreas Mylaeus. 7.1.2024

https://afsaneyebahar.com/2024/01/07/20697774/

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Internationaler Gerichtshof – Südafrika gegen Israel, Anhörungen zu vorläufigen Maßnahmen

Rechtssache betreffend die Anwendung des Übereinkommens über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes im Gazastreifen  – Südafrika gegen Israel.

Anhörungen zu vorläufigen Maßnahmen; 11.1.2024

Das Transkript und die Übersetzung von zwei Stellungnahmen und Zusammenfassungen besorgte Andreas Mylaeus

13.1.2024

https://seniora.org/wunsch-nach-frieden/menschenrechte/internationaler-gerichtshof-suedafrika-gegen-israel-anhoerungen-zu-vorlaeufigen-massnahmen

PDF: AM13.1.2024

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BRICS-Mitglied Südafrika zieht gegen Zionismus vor Gericht

Nichts Geringeres als das gesamte Konzept des internationalen Rechts wird diese Woche in Den Haag auf dem Prüfstand stehen. Die ganze Welt schaut zu.

Von Pepe Escobar, 10.1.2024

https://new.thecradle.co/articles/brics-member-south-africa-takes-zionism-to-court

Deutsche Übersetzung von Andreas Mylaeus, 13.1.2024

https://seniora.org/wunsch-nach-frieden/der-wunsch-nach-frieden/brics-mitglied-suedafrika-zieht-gegen-zionismus-vor-gericht

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